Viscerale Osteopathie

Die viscerale Osteopathie beschäftigt sich mit verschiedenen biomechanischen Modellen der inneren Organe. Der überwiegende Teil des Organsystems ist von einem bindegewebigen Netz umhüllt. Dieses wird als Bauchfell (Peritoneum) bezeichnet. In der viszeralen Osteopathie werden Organe in ihrer Flexibilität behandelt. Ein geschädigtes Organ kann nicht repariert werden, jedoch können die Durchblutung und die Mobilität positiv beeinflusst werden, so dass seine Funktionalität veressert wird. Den größten Teil der Arbeit auf dem Gebiet der visceralen Osteopathie verrichtet Jean Pierre Barral D.O., Direktor des Collège International d`Osteopathie in St. Etienne (CIDO). Er untermauert seine Forschungen mittels Ultraschall, Infrarotkamera und Radiographie.

Der Osteopath versucht in einer Therapie eine gute Balance zwischen dem Organsystem und dem Bewegungsapparat herzustellen. In der visceralen Osteopathie unterscheidet man grundlegend drei physiologische Organbewegungen:

Mobilität: Diese bezeichnet die passive Bewegung eines Organs während der unwillkürlichen Ein- und Ausatmung. Atmet ein Mensch Luft ein bewegen sich grundsätzlich alle Organe nach unten. Während der Ausatmung werden alle Organe angehoben. Diese Bewegung wird durch das Zwerchfell (Hauptatemmuskel) verwirklicht.

Motrizität: Die Motrizität beschreibt Organbewegungen in Bezug auf Bewegungen von Muskeln, Knochen und Faszien. Beugt sich ein Mensch bspw. nach vorne werden Organe komprimiert, während sie bei einer Aufrichtung tendenziell gedehnt werden. Außerdem müssen sie sich während des aufrechten Gangs im Becken frei bewegen können.

Motilität: Diese Form der Bewegung wird auch als unwillkürliche Eigenbewegung bezeichnet. Hierbei findet eine sehr langsame Bewegung statt. Sie ist an die embryologische Wachstumsbewegung angelehnt und vom geschulten Osteopathen zu ertasten. In der Osteopathie geht man davon aus, dass diese Bewegung in jeder Organzelle gespeichert ist und ein Leben lang fortwährend stattfindet. Diese beschreibt den Weg vom Entstehungsort bis zur postnatalen Endposition und wieder zurück.

Alle diese Bewegungsformen sorgen für eine Lageänderung der Organe, wobei jedes Organ seine individuelle Bewegungsachse aufweist. Die Viscera bildet dabei untereinander Gelenke sowie mit den umliegenden Strukturen (Knochen, Muskeln, Faszien). Hat es beispielsweise in der Vegangenheit Infektion, Entzündungen, Operationen oder Traumen im Bereich der Organe gegeben, resultieren daraus aus osteopathischer Sicht Bewegungseinschränkungen im Bereich von Organen selbst und deren Umgebung (Muskeln, Faszien etc.).

In der visceralen Osteopathie ist es das Ziel des Osteopathen eine gestörte Mobilität einer oder mehrer Organe zu korrigieren und so dessen Funktionalität zu verbessern. Bekannte organische Senkungen der Blase, der Nieren oder der Gebärmutter mit darauffolgender Inkontinenz und Menstruationssbeschwerden oder Prostatadysfunktionen sind klare Indikationen für eine osteopathische Therapie. Des Weiteren stellen Zustände nach Blinddarmoperation oder Kaiserschnitt eine mögliche Voraussetzung für eine osteopathische Therapie dar.

 

Quelle: Langer, Hebgen (2014) . Lehrbuch Osteopathie . Thieme Verlag